
Raspberry Pi als Wandkalender (und mehr)
Alle Termine im Überblick an der Wand? Ganz ohne altbackenen und statischen Wandkalender und ohne Kalendersprüche? Das dachte ich mir, als ich mir in den Kopf setzte einen Raspberry Pi als Kontrollstation in unserem Esszimmer zu installieren. Darüber sollte die ganze Familie die Termine von allen anderen Familienmitgliedern sehen, die gemeinsamen Aufgaben im Blick behalten und am besten noch über das aktuelle Wetter informiert werden.
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Hardware
Um einen Raspberry Pi als Kontrollstation im Haus nutzen zu können, benötigt man natürlich als aller erstes einen Raspberry Pi.
Diesen kann man entweder als komplettes Paket kaufen (Raspberry Pi 3 Official Desktop Start Kit (16GB, Black)) oder man besorgt sich die einzelnen Module:
Beim Touchscreen habe ich mich für das 7“ Modell entschieden: Raspberry Pi 7-Inch Touch Screen Display.
Als Gehäuse habe ich das Gehäuse für Raspberry Pi LCD Touchscreen, weiß ausgewählt. Das passt fast perfekt, leider ist das Gehäuse aber genau falsch herum. Daher müssen wir später den Bildschirm des Raspberry um 180° drehen.
Installation Raspberry Pi
Als erstes müssen wir die SD-Karte so vorbereiten, damit wir RASPBIAN installieren können. Dabei handelt es sich um eine auf Debian basierende Linux-Distribution, die perfekt für den Raspberry Pi angepasst wurde. RASPBIAN kann man direkt von der Raspberry PI Foundation herunterladen: https://www.raspberrypi.org/downloads/
Das Image befindet sich in einer heruntergeladenen ZIP-Datei, die wir erstmal entpacken müssen. Ich persönlich nutze dazu 7-Zip.
Zur Übertragung des Images auf die SD-Karte empfehle ich das Tool „Etcher“, welches hier heruntergeladen werden kann: https://etcher.io/.
Wir klicken auf „Select image“ und wählen das zuvor entpacke Image.
Die SD-Karte wird automatisch erkannt, so dass wir nur noch auf „Flash!“ klicken müssen.
Bei mir kam danach eine Windows-Fehlermeldung, dass der Datenträger in Laufwerk E: formatiert werden muss, diese können wir aber getrost ignorieren.
Am besten entnehmen wir die SD-Karte jetzt aus dem Computer und stecken sie in den Raspberry Pi.
Installation RASPIAN
Wenn die Installation entsprechend vorbereitet wurde muss im Grunde gar nichts mehr installiert werden, sondern RASPIAN bootet direkt in die grafische Oberfläche.
Nun geht es an die Systemeinstellungen. Zuerst wechseln wir in die Raspberry-Pi-Konfiguration unter „Preferences“ => „Raspberry Pi Configuration“
Im ersten Tab kann der Hostname geändert werden.
Und danach unter „Localisation“ die Sprachumgebung, Zeitzone, Tastatur und WiFi-Land:
Auflösung ändern
So lange ein Monitor an den Raspberry angeschlossen ist, ist alles gut, ohne Monitor wird jedoch die grafische Auflösung auf ein Minimum heruntergestellt und man kann über TeamViewer oder VNC so gut wie gar nichts mehr erkennen. Daher müssen wir auch hier ein paar Einstellungen vornehmen. Dafür öffnen wir die Datei „config.txt“ mit dem Nano-Editor im Terminal.
sudo nano /boot/config.txt
Wir gehen die Datei durch und müssen ein paar Einträge ändern bzw. das Kommentarzeichen (#) entfernen.
HDMI auch ohne Monitor in Betrieb nehmen:
hdmi_force_hotplug = 1
Audio über HDMI ausgeben:
hdmi_drive=2
DMT aktivieren:
hdmi_group=2
Auflösung ändern.
hdmi_mode=82
Auf der Seite https://elinux.org/RPiconfig#Video_mode_options können die Modis unter DMT abgerufen werden.
Damit das Gehäuse später passt, müssen wir den Bildschirm um 180° drehen. Dazu brauchen wir noch einen weiteren Eintrag in der geöffneten Datei:
lcd_rotate=2
Wir speichern die Datei mit STRG + O und schließen Nano dann mit STRG + X.
Damit die Änderungen wirksam werden, muss der Raspberry neu gestartet werden.
Installation Remote-Steuerung
Später haben wir natürlich keine Tastatur und Maus mehr mit dem Raspberry verbunden, schließlich soll die Kontrollstation ja irgendwo an der Wand hängen. Daher ist es auch notwendig den Raspberry Pi über ein Remote-Tool zu steuern. Oftmals wird dazu VNC empfohlen, jedoch gibt es hier bei den VNC-Hosts unterschiedliche Versionen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
Eine weitere Alternative ist TeamViewer, welches mittlerweile in einer Beta-Version für Raspberry Pi verfügbar ist. TeamViewer sollte man nutzen, wenn man keine direkte Verbindung zu seiner Kontrollstation hat, diese sich also z. B. in einem anderen Netzwerk befindet. Ist der Computer von dem aus Du die Kontrollstation steuern möchtest im gleichen Netzwerk, würde ich auf jeden Fall VNC empfehlen, da es viel ressourcenschonender ist als TeamViewer. Auf der anderen Seite ist VNC aber ein wenig anfälliger und TeamViewer läuft deutlich stabiler. Daher beschreibe ich hier beide Installationen.
Installation VNC
VNC ist beim Raspberry Pi schon vorinstalliert, so dass es nur noch aktiviert werden muss. Dazu geben wir in einem Terminal
sudo raspi-config
ein und wählen dann Punkt „5 Interfacing Options“ und danach „P3 VNC“ und aktivieren hier VNC.
Danach werden wir gefragt, ob wir neu starten möchten, was wir mit „Ja“ beantworten.
Nach ca. 30 bis 60 Sekunden können wir uns dann mit dem Raspberry verbinden. Dazu empfehle ich den RealVNC Viewer von der Seite: https://www.realvnc.com/en/connect/download/viewer/
Der Benutzername lautet standardmäßig „pi“, das Kennwort „raspberry“.
Installation TeamViewer
Die aktuelle Version des Teamviewers für Linux kann direkt von der Homepage heruntergeladen werden: https://www.teamviewer.com/de/download/linux/
Der Link für die Version des Raspberry Pi befindet sich ein wenig weiter unten.
Dieses Paket herunterladen und in das entsprechende Verzeichnis wechseln (meistens ist es „/home/pi/Downloads“). Dort nutzen wir dann den Paketmanager für die Installation:
sudo dpkg --install teamviewer-host-13.1.1548_armhf.deb
Bei der Installation kann es zu ein paar Abhängigkeitsproblemen kommen. Das ist aber kein Problem, wir führen danach einfach
sudo apt-get install -f
aus.
Danach kann der TeamViewer mit „teamviewer“ gestartet werden. Am besten Du meldest Dich mit deinem TeamViewer Konto jetzt auf der Kommandozeile an (E-Mail-Adresse und Passwort). Nachdem Du den Raspberry als sicheres Gerät aufgenommen hast – dazu musst Du eine E-Mail beantworten – kannst Du Dich direkt damit verbinden.
Installation der Touch Tastatur
Um eine Touch Tastatur zu installieren geben wir einfach
sudo apt-get install matchbox-keyboard
in einem Terminal ein.
Um eine Desktop-Verknüpfung zu erstellen wechseln wir in ein Terminal und wechseln in das Desktop-Verzeichnis mit
cd Desktop
Dort erstellen wir eine neue Datei mit
sudo nano keyboard.sh
Als Inhalt schreiben wir
#!/bin/bash matchbox-keyboard
in die Datei. Danach schließen wir Nano mit STRG +X und beantworten die Frage mit „Y“.
Mit
sudo chmod +x keyboard.sh
machen wir die Datei noch ausführbar und können das Touch-Keyboard so jetzt über eine Desktopverknüpfung starten.
Installation des Browsers (Iceweasel)
Wir benötigen einen Browser, der den Google Kalender möglichst ohne Probleme anzeigen kann. Dazu sollten wir „Iceweasel“ verwenden. Es handelt sich dabei um einen Fork von Mozilla Firefox, der flüssig auf dem Raspberry Pi eingesetzt werden kann.
Die Installation ist sehr simpel und lässt sich im Terminal mit
sudo apt-get install iceweasel
bewerkstelligen.
Wenn der Raspberry Pi einfach so heruntergefahren wird – also in dem Du den Stromstecker ziehst – wird danach eine „Restore Session“ Seite angezeigt. Wir wollen aber, dass der Google Kalender direkt wieder gestartet wird. Daher geben wir im Browser „about:config“ in der Navigationsleiste ein und suchen die Option „browser.sessionstore.resume_from_crash“ und ändern dort den Wert auf „false“ in dem Du darauf doppelklickst.
Iceweasel automatisch starten
Iceweasel soll nach dem Start automatisch gestartet werden. Daher müssen wir den Autostart noch ein wenig bearbeiten
sudo .config/autostart/iceweasel.desktop
In die Datei tragen wir folgende Inhalte ein:
[Desktop Entry] Name=Autostart-Script Comment=Iceweasel Type=Application Exec=iceweasel Terminal=false
Wir speichern die Datei mit STRG + O und schließen Nano dann mit STRG + X.
Startseite festlegen
Außerdem sollten der Google Kalender und evtl. noch andere Webseiten als Startseite eingetragen werden. Man kann das einfach konfigurieren, in dem man über das Hamburgermenü auf „Preferences“ klickt und dort die Konfiguration bei „Startup“ ändert.
Add-ons
Auf jeden Fall sollten wir uns noch einen AdBlocker als AddOn installieren. Empfehlen kann ich uBlock Origin, mit dem ich auch unter Chrome sehr gute Erfahrungen gemacht habe: https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/ublock-origin/
Außerdem können wir für unsere Zwecke noch ein weiteres Add-on gut gebrauchen, nämlich das „Tab Slideshow WE“ Add-on: https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/tab-slideshow-we/ Damit ist es möglich einzustellen, dass die geöffneten Tabs nach einem definierten Zeitintervall wechseln und quasi durch scrollen.
Cursor loswerden
Den Cursor wollen wir zukünftig ausblenden, wenn die Maus gerade nicht bewegt wird. Dazu können wir uns das Tool „Unclutter“ installieren:
sudo apt-get install unclutter
Energiesparmodus deaktivieren
Der Raspberry soll natürlich die ganze Zeit eingeschaltet bleiben. Daher müssen wir die Powersave-Einstellungen ändern. Dies geht ebenfalls über das Terminal:
sudo nano /etc/lightdm/lightdm.conf
Dort ändern wir die Zeile
#xserver-command=X
zu
xserver-command=X -s 0 -dpms
Wir speichern die Datei mit STRG + O und schließen Nano dann mit STRG + X.
Google Kalender
Wir haben es bei uns so gelöst, dass wir einen komplett neuen Google-Account angelegt haben. Jeder hat seinen Kalender dann diesem Account freigegeben, so dass wir dort alle Termine sehen konnten.
Todoist
Für Todoist habe ich ein eigenes Projekt in meinem eigenen Todoist angelegt und dieses „Familie“ genannt. Eingeladen habe ich das neue Google-Konto.
Auf dem Raspberry öffnen wir dann www.todoist.com und erstellen dort ein neues Konto mit Hilfe des Google Accounts.
Auch hier stellen wir erstmal die Sprache um unter „Settings“ => „General“
Am besten nutzen wir das Projekt „Familie“ als Startseite, womit Todoist eigentlich auch schon fertig konfiguriert ist.
Wetter- und Nachrichtenstation
Zusätzlich kann man jetzt noch eine Wetterseite (z. B. http://wetteronline.de/wetter/<ort>) und z. B. eine lokale Nachrichtenseite im Browser öffnen und ebenfalls zur Startseite hinzufügen. In Iceweasel (und auch in Firefox) können mehrere Startseiten definiert werden, in dem man diese mit dem Pipe-Zeichen („|„) voneinander trennt.
Touchscreen montieren
Die Montage des Touchscreens gestaltet sich (auch für mich eher semibegabten Bastler) sehr einfach. Zuerst muss das mitgelieferte Flachband in den Touchscreen und dann in den Raspberry eingesteckt werden.
Am besten kann der Raspberry jetzt direkt mit den mitgelieferten Schrauben am Touchscreen fixiert werden. Für die Stromzufuhr gibt es zwei Möglichkeiten:
- Entweder man nutzt ein Mini-USB-Kabel und führt dieses vom Touchscreen zum Raspberry und versorgt danach den Touchscreen mit einem weiteren Mini-USB-Kabel mit Strom oder
- Man nutzt die mitgelieferten Kabel und verbindet den ersten und letzten Pin auf dem Touchscreen mit dem ersten und dritten Pin auf dem Raspberry Pi. Damit ist es ausreichend, wenn der Touchscreen mit Strom versorgt wird (Mini-USB-Kabel), dieser leitet den Strom dann mit den eingesteckten Kabeln an den Raspberry weiter.
Danach kann die Kontrollstation in Betrieb genommen werden. Besonders schön macht sie sich natürlich befestigt an einer Wand.