Zeitstrukturen & Zeitnormen
Zeitmanagement und Selbstmanagement sind sehr individuelle Themen. Aber Du – genau wie wir alle – arbeitest natürlich auch hin und wieder zusammen in einem Team und dabei kann es durch die verschiedenen Zeitmanagement-Typen zu Konflikten und Missverständnissen kommen. Jemand, der sehr strukturiert, geplant und durchgetaktet arbeitet, geht sicherlich anders an die Dinge heran als jemand, der lieber auf den letzten Drücker vorbereitet und „Spontanität“ zu seinen größten Stärken zählt.
Wie kann also Zeitmanagement als Team gut gelingen? Dazu betrachten wir uns heute gemeinsam Zeitstrukturen und Zeitnormen.
Inhalt
Moderne Zeitstrukturen
Zeitstrukturen sind – genauso wie Zeitnormen – organisationale Gegebenheiten, die Dein individuelles, aber auch das übergreifende Zeitmanagement beeinflussen.
Zeitstrukturen sind im Gegensatz zu den Zeitnormen von unabhängigen Beobachtern erkennbar und wahrnehmbar. Ein ganz klassisches Beispiel sind z. B. Arbeitszeiten, Zeitpläne, Reinigungspläne, Stundenpläne in der Schule oder auch der Urlaub.
Zeitstrukturen legen ein System um uns alle, innerhalb dessen wir unsere Zeit managen und planen können. Wenn Du z. B. ein größeres Projekt planst, würdest Du sicherlich abklären, welche Deiner Kolleg:innen in nächster Zeit im Urlaub bist. Oder Du müsstest prüfen, wer wann überhaupt Zeit hat, sich an dem Projekt zu beteiligen. Evtl. musst Du verschiedene Zeitzonen dabei beachten, etc.
Es ist eigentlich ganz logisch: Je mehr Zeitstrukturen vorhanden sind, desto weniger Zeitmanagement können Du und Deine Kolleg:innen zeigen. Denn Du wirst in ein System gepresst, mit dem auch das Maß an Fremdbestimmung steigt bzw. die Möglichkeit der Eigengestaltung sinkt.
Es gibt Zeitstrukturen, die unbedingt hilfreich sind, aber in einer Zeit in der wir immer globaler und flexibler arbeiten und nach mehr Selbststruktur streben, sind manche Zeitstrukturen überholt.
Es lohnt sich für Unternehmen die aktuellen Zeitstrukturen zu hinterfragen. Auch bei konservativen Unternehmen hat sich während der Coronazeit einiges gewandelt. Plötzlich war Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten möglich, die Arbeitszeiten wurden flexibler und die Freiheiten des einzelnen Mitarbeiters sind gestiegen.
Ich persönlich könnte mir in meinem Job als Manager und Solution Engineer keine „9 to 5“ Zeitstruktur vorstellen. Die Frage nach Work-Life-Balance oder Work-Life-Integration lohnt es sich meiner Meinung nach zu stellen.
Zeitnormen
Zeitnormen sind Einigungen und Normen, die ein gemeinsames, organisationales Zeitmanagement überhaupt erst ermöglichen. Im Vergleich zu den Zeitstrukturen werden Zeitnormen ganz unbewusst in Teams kultiviert und sind daher durch externe Beobachter:innen nicht unbedingt wahrnehmbar.
Es handelt sich also um unausgesprochene Regeln, die Du zwar wahrnehmen kannst, die aber evtl. gar nicht formuliert sind. Dabei sind Meetings sehr gute Beispiele: Überhaupt pünktlich zu einem Meeting zu kommen wird in unterschiedlichen Unternehmen oder sogar in unterschiedlichen Teams unterschiedlich gelebt. Bei manchen Meetings ist es „ganz normal“ ein paar Minuten später zu erscheinen. In anderen (zum Beispiel Kundenterminen) ist das undenkbar.
Natürlich gibt es auch Zeitnormen, die weniger förderlich für gutes Zeitmanagement sind. Evtl. gehört es in einem Unternehmen zum „guten Ton“, lange da zu bleiben. Also die Dauer der Anwesenheit zählt mehr als das eigentliche Ergebnis. Das wäre eine nicht förderliche Zeitnorm, die sich kultiviert hat.
Das Zeit-NORM-Modell
Nutzen
Organisationen sollten den Nutzen von Aktivitäten in den Mittelpunkt stellen. Um Deine Prioritäten zu setzen, solltest Du Dein eigenes „Why“ kennen, also das „Wozu“. Genauso ist es für Unternehmen, auch für sie sollte das „Wozu“ bekannt sein, um Prioritäten setzen zu können.
Leider steht häufig die Dringlichkeit von Aufgaben im absoluten Fokus. Das Handeln der Mitarbeiter:innen wird bestimmt davon, wann eine Tätigkeit fertig und erledigt sein muss. Dadurch werden wir eher wieder reaktiv anstatt proaktiv. Hat das Unternehmen ein gemeinsames Verständnis von Wichtigkeit und Dringlichkeit, ist das gemeinsame Zeitmanagement nutzenorientiert und sinnstiftend.
Offenheit
Offenheit meint, dass alle Beteiligten offen sind, die Bedürfnisse und Bedarfe anderer in ihrem Zeitmanagement zu berücksichtigen.
Offenheit meint aber auch, dass Du offen bist für neue Lösungsansätze. Offen dafür neue und gemeinsame Möglichkeiten zu finden und diese dann auch mitzutragen.
Auch der Umgang mit eigenen Grenzen gehört dazu. Wenn das Umfeld offen ist, kannst Du auch leichter mit Überlastungen oder Deinen Grenzen umgehen und sorgst für Klarheit und Transparenz. Das stärkt die Zeitkultur im Team.
Respekt
Hier ist es wichtig, Respekt vor der Zeit von anderen zu haben. Also die wertvolle und begrenzte Ressource von all denjenigen wertzuschätzen, mit denen Du zusammenarbeitest. Egal ob Dein Manager oder ein Azubi.
Niemand kann es leiden, wenn jemand anderes über seine eigene Zeit bestimmt oder seine Zeit nicht wertschätzt. Zum Beispiel eine verspätete Abgabe, was andere Deadlines verschieben kann. Es geht auch um Respekt vor der Zeitplanung und dem Zeitmanagement der anderen. Evtl. kennst Du das ja auch, dass Du Deinen Kalender für andere Kollegen freigegeben hast. Trotzdem kommen manchmal Termineinladungen in Mittagspausen oder geblockten Zeiten für Vor- und Nachbereitungen von Terminen. Das ist in diesem Fall eben kein respektvoller Umgang mit dem Zeitmanagement der anderen. Zumindest eine kurze Absprache zuvor wäre meiner Meinung nach in diesem Fall sehr wünschenswert.
Die oben genannte Pünktlichkeit ist auch ein sehr gutes Beispiel. Ist es nicht tatsächlich sehr respektlos, die Zeit von anderen zu verschwenden, in dem eine Person zu spät zu einem Meeting erscheint?
Menschlichkeit
Dabei geht es um ein Verständnis für den Menschen, der in dieser Aufgabe drinsteckt. Menschen sind unterschiedlich, es gibt unterschiedliche Zeitmanagement-Typen, unterschiedliche Charakteristika, wie z. B. Nachtmenschen oder Morgenmenschen, aber auch unterschiedliche Umstände und Lebensphasen, die die Wirklichkeit eines Menschen bestimmen.
Stell Dir vor, dass ein Mitarbeiter, der morgens immer pünktlich zur Arbeit erscheint plötzlich nicht mehr Pünktlich kommt. Sicher ist es jetzt nicht ratsam diesen Mitarbeiter direkt zu maßregeln und zur Disziplin aufzurufen. Es steckt ein Mensch dahinter und es ist erstmal davon auszugehen, dass es (gute) Gründe für die aktuelle Unpünktlichkeit gibt.
Aufgaben werden von Menschen erledigt. Daher muss die Menschlichkeit auch mit von der Partie sein.
Fazit
Zeitstrukturen und -normen sollten bekannt und bewusst gemacht werden, damit gutes Zeitmanagement im Team gelingen kann. Die Methode der Zeit-NORM kann dabei helfen. Es lohnt sich, diese Thematik in Deinem Team zu besprechen. Je offener und kommunikativer solche Themen angegangen werden, desto weniger Missverständnisse wird es im laufenden Arbeitsalltag geben.